Homeoffice ist keine neue Erfindung. Der Historiker Mirko Winkelmann, Fachgebiet Technikgeschichte der TU Berlin, beschreibt drei historische Phasen rund um Telearbeit[1].
1. Phase – 1980 – Modellversuch „elektronische Heimarbeit“ (durch technische Fortschritte)
Sekretärinnen konnten ihre Schreibarbeiten zu Hause erledigen und parallel ihre Kinder betreuen; der Modellversuch scheiterte am Widerstand der Gewerkschaften, welche ihre Einflussmöglichkeiten schwinden sahen
2. Phase – bis Ende der 90er Jahre – „leitende Angestellte bei Telekom & Forschungspolitik“
Die Zielgruppe waren nun leitende Angestellte, allerdings ebenfalls ohne nachhaltigen Erfolg.
3. Phase – Nullerjahre / Durchbruch – Verbreitung der mobilen Telefonie, so dass ortsunabhängige Büroarbeit möglich wurde
Die 4. Phase beginnt gerade und bietet Chancen für die Stärkung von Homeoffice im ländlichen Raum, Telezentren und den Umgang mit dem Fachkräftemangel.
Mirko Winkelmann fasst die historische Entwicklung wie folgt zusammen:
„Zugespitzt könnte man sagen, in den 1980er und 1990er Jahren gab es bezüglich der Telearbeit einen Diskurs ohne Anwendung, in der Zeit nach der Jahrtausendwende hingegen eine Anwendung ohne Diskurs.“
Nach einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) ist Homeoffice bei ca. 40 Prozent aller Arbeitsplätze möglich[2]. Laut dieser Studie liegen wir Im europäischen Vergleich im hinteren Mittelfeld. Island führt, gefolgt von Schweden und Luxemburg. Deutschland liegt auf Platz 18 von insgesamt 31 untersuchten EU-Staaten.
Die Kombination aus „Homeoffice ist ein Muss“ und „wie professionalisiere ich mich, ohne meine Gesundheit zu gefährden“ ist neu. Während im ersten Lockdown improvisiert wurde und „machen und probieren“ im Fokus standen, geht es heute darum, wertige Arbeitszeit zu professionalisieren und dabei gesund zu bleiben.
Dabei sind beide Aspekte relevant: zum einen der Blick auf nützliche Methoden und Tools, welche mir meine Arbeit im Homeoffice erleichtern können. Und zum anderen der Blick auf die Risiken durch Isolation und die Gefahr für psychische Krankheiten. Im DAK-Psychoreport[3] sind Krankschreibungen wegen psychischer Probleme auf dem Höchststand. 2019 stieg die Zahl der Fehltage wegen Depressionen, Angst- oder Belastungsstörungen gegenüber 2018 um 24 auf 260 Tage pro 100 Versicherte. Das ist jede / jeder 18. Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer.
Dass der wiederholte Lockdown psychologisch anders erlebt wird und deutliche Spuren hinterlassen wird, kann als sehr wahrscheinlich eingeschätzt werden.
Am 18.01.2021 wurde das Thema „Psychologische Sicherheit in Remote-Teams“ beim Agile Monday von Jasmine Zahno-Simons und Joseph Pelrine beleuchtet (übrigens ein tolles Format, welches sich in XING-Gruppen organisiert). Bei diesem Vortrag wurde u.a. auf Studien verwiesen, in denen nachgewiesen werden konnte, dass rein virtuelles Arbeiten dazu führen kann, dass unser Gehirn schrumpft. Und dass es keine Korrelation von Organisationskultur und psychologischer Sicherheit gibt.
Als Buchtipp empfehle ich: Amy Edmondson: The fearless Organization.
Laut einer Publikation von Weltraum-Forschern im ‚New England Journal of Medicine‘ könnten soziale Isolation und Reizarmut ähnliche Folgen haben, also dass sich unser Gehirn verändert. Denn chronischer Stress und Überlastung wirken sich nachteilig auf unsere kognitive Leistungsfähigkeit aus[4].
Aktuell beschreibt die WHO die Situation wie folgt: „Was die psychische Gesundheit der Bevölkerung angeht, sind erhöhte Raten an Stress oder Ängsten derzeit die vorwiegende psychologische Auswirkung. Doch mit der Einführung neuer Maßnahmen und den damit einhergehenden Auswirkungen – insbesondere Quarantäne und ihre Folgen für gewohnte Tätigkeiten, Routinen oder Lebensgrundlagen der Menschen – ist auch mit zunehmenden Raten an Einsamkeit, Depressionen, schädlichem Alkohol- und Drogenkonsum sowie selbstschädigendem oder suizidalem Verhalten zu rechnen.“[5]
Ergänzend möchte ich auf das aktuelle Buch von Prof. Dr. Gerald Hüther verweisen „Wege aus der Angst“. Mit seiner langjährigen Erfahrung auf dem Gebiet der Angstforschung geht der Neurobiologe in diesem Buch der Frage nach, „wie sich diese, unser Leben schützende Funktion der Angst mit unserer Sehnsucht nach einem angstfreien Leben vereinbaren lässt.“[6]
Was können wir konkret tun? Dies sind meine persönlichen Praxistipps:
- sich täglich bewusst verwöhnen, z.B. bade ich morgens leidenschaftlich gerne in gut duftendem Schaum und genieße dazu eine frisch gepresste heiße Zitrone – Zeit für mich
- bewusst und tief atmen, Körper gut dehnen (z.B. mit Videotipps von Liebscher & Bracht)
- auf gute Gewohnheiten bewusst achten, z.B. 10 Minuten Morgensport mit youtube
- viel in der Natur sein, auf Bäume bewusst achten und hinterfragen, was sie uns „sagen“ wollen
- mindestens 2 Liter am Tag warmes Wasser und Tee trinken
- lustige Filme am Abend schauen, z.B. Der Tatortreiniger, Best of Hape Kerkeling, Jürgen von der Lippe, Heinz Ehrhardt, Loriot, Anke Engelke u.v.a.
Und dann können wir uns mit Lernvideos weiterbilden und inspirieren lassen – rund um effektives und menschliches Homeoffice.
Ende 2020 haben wir zusammen mit dem Team der Personalentwicklung und der Hochschulleitung der Hochschule Emden-Leer ein Video produziert. In diesem Video sind sowohl die menschlichen Worte und der Dank der verantwortlichen Führung zum Einstieg als auch praktische Tipps für effektives und professionelles Homeoffice. Besonders wichtig waren die Botschaften, dass das „WIR-Gefühl“ nicht verlorengeht. Und dass wir alle gleich viel Zeit haben, es nur eine Frage der Priorisierung ist.
Das reicht von verbindlichen Spielregeln rund um Erreichbarkeit und Rückmeldung bis zum Nutzen der Kraft der Worte für Arbeitsaufträge. Unser Gehirn verarbeitet beispielsweise ungern Sätze mit mehr als 15 Wörtern und reagiert anders auf Bilder als auf Text, da die Bildsprache viel tiefer in unserem Gehirn verankert ist als die Wortsprache.
Das Video wird ergänzt durch ein Skript zum Nachlesen und ein praxiserprobtes Workbook für Ihren individuellen Transfer. Darin finden Sie leicht erlernbare Übungen von der Pomodoro-Technik bis zur Not-To-Do-Liste und viele praktische Tipps für Ihren Alltag im Homeoffice (z.B. rund um Kleidung und feste Arbeitszeiten)[7]. Und vergessen Sie nie die Kraft der Natur und Bewegung an der frischen Luft.
Zusätzlich empfehle ich folgenden wunderschönen Blog-Beitrag vom trello-team mit wertvollen Tipps für individuelle Auszeiten, damit Sie auch Freude am Homeoffice haben und gesund diese Phase überstehen werden.
Das Video-Paket kann direkt bei mir bestellt werden unter:
Mobil 0176 8478 3160 oder unter info@diehochschulerfrischerin.de .
Für einen ersten Eindruck empfehle ich meinen YouTube-Kanal und im Besonderen den Kurzfilm https://youtu.be/kr2kDFoq8WI .
Abschließend ist mir noch wichtig zu erwähnen, dass bei tiefer Traurigkeit oder dem Verdacht auf Depression weder Bücher noch Videos helfen können. Dann empfiehlt sich die Ärztin oder Arzt Ihres Vertrauens.
Ich wünsche uns allen ein erfrischend optimistisches Jahr 2021 und wie immer gilt:
Let me know, wie ich euch erfrischen kann unter: info@diehochschulerfrischerin.de .
Herzlichst, eure Ulrike Margit Wahl.
[1] TAGESSPIEGEL vom 13.03.2020: Die Geschichte der Telearbeit.
[2] https://www.diw.de/de/diw_01.c.525999.de/wochenberichte/home_office_moeglichkeiten_werden_bei_weitem_nicht_ausgeschoepft.html (Stand: 11.01.2021)
[3] https://www.dak.de/dak/bundesthemen/dak-psychoreport-2019-dreimal-mehr-fehltage-als-1997-2125486.html#/ (Stand: 20.01.2021)
[4] https://www.esanum.de/blogs/neurologie-blog/feeds/today/posts/laesst-einsamkeit-das-gehirn-schrumpfen (Stand: 20.01.2021)
[5] https://www.euro.who.int/de/health-topics/noncommunicable-diseases/mental-health/data-and-resources/mental-health-and-covid-19 (Stand: 21.01.2021)
[6] https://www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com/themen-entdecken/psychologie-psychotherapie-beratung/medizin-pflege-neurowissenschaften/neurowissenschaft/55846/wege-aus-der-angst (Stand: 20.01.2021)
[7] https://www.starting-up.de/praxis/organisation/7-tipps-fuer-effektives-arbeiten-im-home-office.html (Stand: 11.01.2021)
Hinterlasse einen Kommentar